Lange Nacht der Kirchen
In dem 2005 entstandenen Video „Stages/Trisvyatoe“, das sich auf das „Taborlicht“ bezieht, entfaltet die ins Unendliche geschriebene Buchstabenfolge der Anrufungen Gottes in kyrillischer Schrift eine raumgreifende Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. „Heiliger Gott, Heiliger starker (Gott), heiliger unsterblicher (Gott), erbarme dich unser“, lautet das sogenannte Trishagion (Trisvyatoe), der Lobpreis des dreifaltigen Gottes.
Gor Chahal geht es um die Annäherung und Verbindung von Religion und Kunst, Individuum und Gesellschaft, Ethik und Ästhetik durch die Macht der Schönheit, die der Kunst innewohnt. In der Universitätskirche Maria am Leech, die vom Deutschen Orden im 13. Jahrhundert über einem Grabhügel aus dem 7. Jahrhundert vor Christus errichtet wurde, wurde das Video direkt auf den barocken Hochaltar mit der gotischen Gnadenstatue aus der Zeit um 1500 projiziert. Die barocke Ikonographie des Altares fasst das Mysterium der Trinität in der Darstellung. Das Video von 2005 wurde für die Präsentation im Kirchenraum um eine Sound-Installation erweitert, die aus der Verschneidung eines Gesangstückes des russischen Avantgardekünstlers und Musikers Alexei Khvostenko (1940-2004) und eines gesprochenen Textes des russisch-orthodoxen Theologen John Meyendorff (1926-1992) über das theologische System von Gregor Palamas besteht. Der von Khvostenko in der Art eines orthodoxen Kirchengesangs vor-getragene Text erinnert in der Repetition von Sätzen und Satzteilen an meditative Gebets-praktiken, durch Verschränkung und Überlagerung von Satzteilen und den Austausch von Wörtern und die Aufgabe einer erkennbaren Syntax verliert er sich aber bewusst in ein Wortgeflecht ohne erkennbaren Sinnzusammenhang.
Gor Chahal, Stages/Trisvyatoe, Video- u. Soundinstallation, 2005/2009, QL-Sammlung Graz. © Chahal
Technik u. Aufbau : Markus Königshofer